Aus der Presse

 

Sie sind die Experten für Artenvielfalt: die ehrenamtlichen Mitglieder der Paul-Feindt-Stiftung. In einer Serie stellt diese Zeitung die bedeutendsten Naturschutzprojekte der Stiftung vor.

 

Kreis Hildesheim (wü). Wer für den Naturschutz etwas erreichen will, sollte über das Durchhaltevermögen eines Langstreckenläufers verfügen. Oft gehen Jahrzehnte ins Land, bevor der Gesetzgeber Biotope unter Schutzstellt oder Umweltschützer die Flächen endlich unter ihre Fittiche nehmen können.

 

Der Ornithologische Verein zu Hildesheim (OVH) und die von ihm gegründete Paul-Feindt-Stiftung können ein Lied davon singen. Gut 30 Jahre bemühten sich deren ehrenamtliche Mitstreiter darum, Eigentümer des Naturparadieses Gronauer Masch zu werden. Und um in den Besitz der historischen Teichanlage im Schatten des Demeburger Schlosses zu gelangen, verstrich eine ähnlich lange Zeit.

 

Seit 1979 kämpfte der OVH zunächst darum, dass das gut 30 ha große Paradies für Wasservögel unter Naturschutz gestellt wird. Vergebens: Dreimal wies das Land Niedersachsen einen entsprechenden Antrag des Landkreises ab, obwohl die Derneburger Teiche Brutstätten für etliche vom Aussterben bedrohte Vogelarten sind und sich damals in Landeseigentum befanden.Über die Gründe zu spekulieren ist müßig, doch allzu sehr selbst einschränken wollte sich das Land als Besitzer und Bewirtschafter der Fischteiche und der Domäne dann wohl doch nicht.

 

Das alles ist Geschichte. Inzwischen gehören die Teiche, vor Jahrhunderten von Zisterziensermönchen für die Fischzucht angelegt, tatsächlich der Paul-Feindt-Stiftung. Vor zwei Jahren verkaufte das Land Niedersachsen die Hofstelle der Domäne an den neuen Besitzer des Demeburger Schlosses, den US-amerikanischen Millionär und Kunstsammler Andrew J. Hall. Die Teiche wurden der Stiftung angeboten, und die griff zu. Den Kaufpreis von 250.000 Euro konnten die Vogelschützer freilich nicht aus der Portokasse zahlen. „Die Finanzierung hat uns manch schlaflose Nacht gekostet", sagt Manfred Bögershausen, Vorstandsmitglied der Paul-Feindt-Stiftung. Zumal die laufende Pflege der Flächen ebenfalls Geld kostet.

 

Die schlaflosen Nächte haben sich ausgezahlt - vor allem für die Vogelwelt im Tal der Innerste und der Nette. Denn die entwickelte sich unter der Obhut der Stiftung prächtig. Um die 185 Vogelarten wurden dort schon beobachtet, darunter 98 Arten als Brutvögel. Zudem sind die Gewässer wichtige Rastplätze für den Vogelzug im Frühjahr und im Herbst. Die Einzigartigkeit dieses Lebensraumes beweist auch der Umstand, dass die Teiche schon seit vielen Jahren das einzige Brutvorkommen des Mittelsägers im europäischen Binnenland sind und sich in jüngster Zeit ein weiterer schöner und sehr seltener Brutvogel dort eingestellt hat: der Sehwarzhalstaucher. Seine Verwandten, der Zwerg- und der Haubentaucher, sind in Derneburg hingegen seit Langem zu Hause.

 

Der kleinste unter ihnen, der Zwergtaucher, schwimmt wie ein Korken auf dem Wasser und ist ständig am Tauchen. Durch seine hohen vibrierenden Trillerrufe fällt er ziemlich auf. Seine schwimmenden Nester hat er auf fast allen Teichen in Derneburg gebaut, um dort zu brüten. Der Neuankömmling - der Schwarzhalstaucher - ist von geselliger Natur und brütet gerne in Kolonien. So ist er in Derneburg mit mehreren Paaren vertreten, aber nur an einem Teich. Im Prachtkleid kommen seine goldgelben Federfächer hinter dem Auge besonders zur Geltung.

 

Der größte unter den Lappentauchem, der Haubentaucher, hat jeden größeren Teich mit wenigstens einem Brutpaar belegt. Zu verwechseln ist er kaum: Mit seiner Größe von zirka 50 cm, seiner markanten schwarzen Haube, der kastanienbraunen Kopfseite und seiner Halskrause können ihn selbst Laien gutvon den anderen Wasservögeln unterscheiden.

 

Einzigartig ist die Teichlandschaft bei Derneburg auch deshalb, weil Kultur- und Naturgenuss dort ganz nahe beieinander liegen. Der Lavespfad, der die architektonischen Sehenswürdigkeiten im Landschaftspark rund um das Schloss zeigt, führt auch direkt an den Teichen entlang. Vom Ufer aus können Spaziergänger Schwarzhalstaucher, Graureiher, Kormoran & Co oft aus ungewöhnlich kurzer Distanz beobachten. Weil das Gelände den Charakter eines Parks habe, vermittele es den Vögeln eine gewisse Vertrautheit, sagt Manfred Bögershausen. „Deshalb verspüren sie nur eine geringe Neigung zur Flucht."

 

© Hildesheimer Allgemeine Zeitung