Die Leute beißen schon an

Karpfenzucht kommt in Derneburg in Schwung / Naturschutz und Teichwirtschaft unter einem Hut

Derneburg (ara). Mancher Feinschmecker hat ihn schon vermisst: den Schloss-Karpfen. Die Fischzucht in Derneburg schien eingeschlafen. Doch jetzt lebt sie wieder auf. Peter Otto heißt der neue Mann, der sich von nun an um die Teichlandschaft im Schatten des Schlosses kümmert. Und das mit Erfolg.
 
Peter Otto züchtet mit Sohn Björn-Eric (29) in Langelsheim Karpfen und brachte seine Jungtiere bislang in die Oberpfalz, um sie dort aufzuziehen. „Eigentlich zu weite Anfahrtswege", dachte Peter Otto. Da kam eine Anfrage der Paul-Feindt-Stiftung wie gerufen. Ob er Interesse hätte, sich der Teiche in Derneburg anzunehmen? Er hatte. „Eine gute Idee", fand der 66-Jährige. Zumal Derneburg nur 35 km von der Kinderstube seiner Karpfen in Langelsheim entfernt ist. Nun kann er seine Fische erstmals bis zu einem Gewicht von 500 g heranwachsen lassen, um sie dann nach Derneburg zu bringen, damit sie in den Teichen richtig groß werden. Also schloss Peter Otto einen Drei-Jahres-Pachtvertrag mit der Feindt-Stiftung.
Die hat nun in dem Teichwirt nicht nur einen Geschäftspartner gefunden. Auch Naturschutz und Fischzucht lassen sich offensichtlich miteinander vereinbaren. Eigentlich ist ja der Kormoran der natürliche Feind des Karpfens - weil die Vögel in liebend gern fressen. Doch Ziel der Naturfreunde von der Stiftung ist, seltene Vögel zu retten und zugleich die Karpfenzucht in den Teichen am Schloss voranzutreiben. Daher setzt Peter Otto kleine Weißfische in den Teichen aus, die für Fischzüchter wertlos sind. Die nur wenige Zentimeter langen Tiere sind für Kormorane auf Beutejagd „mundgerecht" - die jungen Karpfen in den Teichen kommen dann oft ungeschoren davon, weil sie nicht so recht in den Kormoran-Schnabel passen. „Die kleinen Futterfische sind genau das Richtige für Kormorane oder Haubentaucher", erklärt Manfred Bögershausen von der Paul-Feindt-Stiftung. Also können sich die Vögel an den Weißfischen satt fressen und viele junge Karpfen werden kein Vogelfutter. Und wenn sie einmal richtig ausgewachsen sind, sind sie für die Kormorane als Beute eh zu groß. „So arrangieren wir uns mit den Vögeln", beschreibt Peter Otto sein Erfolgsrezept.
 
Hier Naturschutz, dort die Fischzucht, die nun Fahrt aufnehmen soll. Der 66-Jährige hat vor einigen Tagen den Ablauf eines Teichs in Derneburg geöffnet und das Wasser abgelassen. Es wurde ein satter Fischzug. Zutage traten hunderte Karpfen. „Einer war sogar 14 kg schwer." Die Tiere brachte Peter Otto nach Langelsheim, um sie dort im klaren Wasser zu entschlammen. Und am 20. und 21. Dezember will er sie an der Schlossmühle verkaufen - Schlusspunkt der Fischernte. Denn die Derneburger Karpfen sinken jetzt allmählich auf den Grund der Teiche, um fünf Monate Winterschlaf zu halten. Dazu haben sie sich inzwischen genug Speck angefressen, um den Winter zu überstehen. Doch in diesen Tagen können jetzt erst einmal die Feinschmecker zulangen, die sich wieder reichlich mit Karpfen aus Derneburg eindecken dürften, um ihn Weihnachten oder Silvester aufzutischen.
 
Auch heimische Gastronomen hat inzwischen schon die Kunde erreicht, dass sich am Derneburger Karpfenteich mächtig was tut. Auf Spiegelkarpfen, eine Züchtung ohne Schuppen, setzt abermals Walter Brecht vom Hildesheimer Hotel Brockenblick. „Wir beziehen unsere Weihnachtskarpfen nun wieder aus Derneburg." Zuvor sei die Teichwirtschaft in Derneburg „eingeschlafen" und der Hotelbetrieb habe notgedrungen auf einen auswärtigen Anbieter zurückgreifen müssen. „Aber jetzt kaufen wir wieder hier ein." Und „Derneburger Schlosskarpfen" soll auch wieder auf der Speisekarte stehen. Manche der Karpfen aus den Derneburger Teichen landen übrigens nie in der Pfanne. Wie der zehn kg schwere und etwa 70 cm lange Fisch namens Karlchen. „So einen verkaufen wir an Gartenfreunde. Da kann der Fisch dann im heimischen Teich alt werden", verspricht Peter Otto.
 
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Fetter Fang: Die Fischzüchter Peter und Björn-Eric Otto mit einem echten Kavensmann: der Zehn-Kilo-Karpfen Karlchen. Solche Prachtexemplare gibt es in Derneburg. © Foto: Raths
 
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